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Mehrheitliche Euphorie oder gar Freudensprünge? Fehlanzeige. Köpfe senken sich, Gestöhne ertönt und Unzufriedenheit macht sich breit. Dass die literarische Gattung Lyrik aufgrund der Kürze der Texte und der sprachlichen Überfrachtung bei Schülerinnen und Schülern keine große Freude auslöst, ist nichts Neues und bedarf keines wissenschaftlichen Befundes. Die Klasse GY7T hat jedoch bewiesen, dass Lyrik im Deutschunterricht auch Spaß machen kann. „Die Videos zu Poetry Slams haben mich begeistert. Es hat mich überrascht, wie stark das Format in den letzten Jahren zugenommen hat und dass insbesondere junge Menschen an Poetry Slams teilnehmen, um auf gesellschaftliche oder politische Missstände aufmerksam zu machen“, sagt Benjamin Neumann, Schüler der GY7T.
Im Rahmen einer Unterrichtsreihe zum Thema Großstadtlyrik haben die Schülerinnen und Schüler nicht nur gelernt, wie ein Gedicht analysiert wird und wie die Ergebnisse im Rahmen einer schriftlichen Analyse miteinander zu verzahnen sind, sondern hatten durch die Betrachtung von Gedichten als intermedial vernetzte Gattung auch die Gelegenheit, die Vorzüge von Lyrik kennenzulernen und so die anfänglichen Hemmungen abzubauen. Hierbei wurde besonders herausgestellt, dass Lyrik im kulturellen Leben im Rahmen von öffentlichen Lesungen und Rezitationsabenden, aber auch in der virtuellen Welt im Rahmen von Songtexten, elektronischen Texten oder Poesieinstallationen eine wichtige Rolle spielt. Getreu dem Motto des Medientheoretikers Marshall McLuhan: „It is the poets and painters who react instantly to a new medium” gehen vor allem Lyriker einen Bund mit neuen Medien ein, indem sie beispielsweise Musik, Tanz, Theater und Grafik intermedial mit lyrischen Texten verknüpfen. Genau das hat sich die GY7T zu Nutze gemacht, indem eigene lyrische Texte verfasst und mit anderen Medien vernetzt wurden.
Nachdem Mitte Juni endlich die Klausur geschrieben war, konnte der Klassenraum der GY7T in eine produktive Poetikwerkstatt umgewandelt werden: Anknüpfend an einen fiktiven Radiobeitrag des Radiosenders Antenne Bochum profilierten sich die Lernenden selbst als Poeten und Poetinnen und verfassten eigene Gedichte oder Poetry Slams über die Stadt Bochum und verknüpften diese mit einer multimedialen Präsentation (Prezi oder Power Point) oder mit einer digitalen Fotocollage. Aufgrund der Nähe zur Innenstadt fand auch eine kleine Exkursion in diese statt, um die Wirkung der Stadt bewusst wahrzunehmen, fotografisch festzuhalten und anschließend lyrisch weiterzuverarbeiten. Während eines Poetikwettbewerbs wurden die Gedichte und Poetry Slams vorgetragen, was allen Beteiligten große Freude und Spaß bereitete. Die Gewinnerin des Wettbewerbs war schließlich Hannah Daenicke, die durch ihren gesellschaftskritischen Poetry-Slam-Beitrag, aber auch durch ihre Art und Weise des Vortragens, ihre Mitschülerinnen und Mitschüler zum Schmunzeln brachte, zum Nachdenken anregte und dadurch insgesamt die höchste Punktzahl erhielt.
Festzuhalten ist schließlich, dass Lyrik doch gar nicht so weit entfernt von der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler ist, wie diese zunächst glaubten. Poetry Slams, Liedtexte (z.B. Schwarz zu blau von Peter Fox) und die Intermedialität lyrischer Texte holten die GY7T in ihrer Lebenswelt ab, förderten die Kreativität und erkannten gleichzeitig die unterschiedlichen Erfahrungen, Stärken und Schwächen der Lernenden an. Gleichzeitig motivierte es die Schülerinnen und Schüler, selbst eigene Texte zu verfassen und vorzutragen, bestärkte durch das positive Feedback und die Wertschätzung durch die anderen Lernenden das Selbstwertgefühl und erzeugte die Erkenntnis, dass doch in jedem/jeder von uns ein kleiner Poet/eine kleine Poetin steckt.
19.12.2022
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